16. Mai 2021 – Warum wird eigentlich diese Didaktik weltweit „Flipped Classroom“ genannt, in der deutschen Hochschullandschaft hingegen ist seit 2012 nahezu ausschließlich von „Inverted Classroom“ die Rede?
Impulsvideo, Dauer: 1:17
Eine Marginalie? Wohl nicht! Gerade aus hochschulischer Sicht hätte man in Deutschland jenen Schritt vielleicht besser doch noch einmal überdenken können.
Denn diese Didaktik geht längst um die Welt – natürlich unter ihrer ursprünglichen Bezeichnung – und wegen ihres Erfolges und guten Rufes ist eine gründliche Erforschung selbstverständlich allüberall notwendig.
Gelegentlich gibt es auch im deutschsprachigen Raum inzwischen Untersuchungen zu den Wirkungen und deren Ursachen, zu Akzeptanz und Relevanz der Didaktik.
Aber wo bleibt man mit einem Nischenbegriff stecken, wenn es um internationale Studien geht? In der Nische.
Aus dem Blick der internationalen Forschung gerutscht
Eine in doppelter Hinsicht interessante bibliometrische Studie – gerade veröffentlicht – namens „Flipped Classroom in Higher Education: A Bibliometric Analysis and Proposal of a Framework for its Implementation“ hat keine Nischenbegriffe für Flipped Classroom (wie unseren Inverted Classroom) berücksichtigt, als das internationale Forscherteam sich mit Studien zum Flipped Classroom befasste.
Damit sind wir also nun raus aus dem Spiel.
Alle Studien aus dem deutschen Sprachraum, die sich mit Inverted Classroom befassen, kamen erwartbar dort nicht in den Blick.
Verarbeitet wurden lediglich 20 Studien aus Spanien, USA, Taiwan, China, Finnland, Hongkong, Belgien, Pakistan und Algerien.

Auch unter den meist verwendeten Begriffen zur Thematik kam kein „Inverted“ vor.
Unterschiede vom Flipped zum Inverted Classroom feststellbar?
Vor einiger Zeit beschrieb einer der drei deutschen Kollegen, die den Begriff „Inverted Classroom“ 2012 eingeführt hatten, in einem LinkedIn-Kommentar sein Verständnis eines Unterschieds:
Er unterscheide zwischen Flipped und Inverted Classroom, um klar zu machen, dass das System nur dann funktioniere, wenn im Anschluss an die Phasen des vorbereitenden Selbstlernens (asynchrone Kommunikation) ein elektronischer Wissenstest eingebaut sei, der sicherstelle, dass die Teilnehmer vorbereitet in die Präsenz oder zurzeit in die virtuelle Präsenzphase (synchrone Kommunikation) kommen. Ein einfacher Flipped Classroom ohne diesen Zwischenschritt funktioniere nicht.
Diese Abgrenzung erschien mir zunächst nachvollziehbar.
Jedoch lässt sich nicht bei allen deutschen Hochschulen feststellen, dass sie dieser Unterscheidung durch ein eingebautes Formal Assessment entsprechen, wie auch ich es in meinen Kurses mit JiTT und Multiple-Choice-Tests seit Jahren eingebaut hatte.
Zwischenstufe auch beim Flipped Classroom international vorgesehen
Damit zum zweiten interessanten Punkt der internationalen Studie: Auch dort werden solche Elemente im zweiten Teil der Studie, dem Framework-Entwurf, auf Basis der untersuchten 20 Studien als Rahmenbestandteile angeführt.
Womöglich hat sich auch die Flipped-Classroom-Welt seit der Einführung einer deutschen Inverted-Classroom-Begriffsvariante in gleicher Richtung weiterentwickelt?
Im Umsetzungskonzept der FlippedClassroom.Academy ist diese Zwischenstufe einer nützlichen Selbstprüfung der Lernenden nach jedem Selbstlernteil und vor dem nächsten Live-Meeting selbstverständlich enthalten.
Und sowohl deshalb als auch wegen der internationalen Verbreitung des Flipped-Classroom-Paradigmas – siehe ergänzend die im Impulsvideo gezeigten Suchergebnisse bei Google – bleiben wir hier gern und nachdrücklich bei der internationalen Bezeichnung.
Deutsche Studien täten künftig vermutlich gut daran, diese in englischer Sprache und unter Verwendung des Begriffs Flipped Classroom der Scientific Community anzubieten, damit sie weltweit wahrgenommen werden können.
Besser noch: Zurückkehren zum internationalen Begriff!
Schließlich erfinden wir hierzulande ja auch sonst keine neuen Bezeichnungen für wissenschaftliche und / oder didaktische Methoden…